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Indien individuell erleben – Dwarka, die von Lord Krishna erbaute Pilgerstadt

Donnerstag

unterwegs auf der Landstraße in Indien

Heute sind wir in einer der sieben heiligsten Städte Indiens- Dwarka, eine alte Pilgerstadt mit ihrem berühmten Dwarkadish-Tempel. Doch diesen, Lord Krishna geweihten, Tempel werden wir heute Mittag besuchen.
Jetzt morgens fahren wir zu einem ebenfalls sehr bekannten Bauwerk, den Nageshvar Tempel.
Es war Prakashs Vorschlag, die Fahrt zu dem Shiva Tempel in den frühen Morgenstunden zu machen, in denen  noch angenehme und kühle Temperaturen herrschen.
Der Tempel liegt ein wenig außerhalb und während der Fahrt erzählt uns Prakash ein wenig über seine Geschichte. Dieser Shiva geweihten Tempel wird jährlich von mehreren tausend Pilgern besucht und zählt zu den Jyotirlingas, die heiligsten Shiva Tempel Indiens. Es existieren zwölf Jyotirlingas, die über gesamt Indien verteilt sind. Das Wort Jyotirlinga kommt aus dem Sanskrit und bedeutet soviel wie Lichtzeichen. Jyotis = Licht und Linga= Zeichen, wobei es sich bei einem Linga um das konische Symbol Shivas handelt, der oft als Phallus interpretiert wird.

Lingam auf der Insel Diu

Es gibt viele verschiedene Legenden über das Erstehen des Jyotirlinga und auf unserem Weg zum Tempel hören wir eine davon.
Nach dieser Legende tauchte während eines Streits zwischen Vishnu und Brahma um ihre Größe als Gott eine große Lichtsäule auf. Um das Ende zu ergründen flog Brahma als weißer Schwan an das oberere Ende und Vishnu grub sich als Eber in die Erde ein. Keiner von ihnen konnte ein Anfang oder ein Ende finden. Doch Brahma versuchte Vishnu zu täuschen, indem er eine heruntergefallene Blüte zurück brachte und behauptete, diese am oberen Ende gefunden zu haben. Da stieg Shiva aus der Säule und erklärte, keiner der Götter sei der Größte. Doch Brahma habe gelogen und würde von nun an nicht mehr verehrt werden.
Die Lichtsäule, in deren Gestalt Shiva erschien, wird durch den Jyotirlinga repräsentiert und ist für die Gläubigen in Form des Lingam präsent und symbolisiert Schutz vor dem Bösen.

Shiva Statur mit der Flussgöttin Ganga in seinen Haaren

Die Fahrt führt uns durch kleine Dörfer und über holprige Landstraßen, doch nach einer halben Stunde können wir unser Ziel sehen. Es ist die links vom Tempel sitzende 25 Meter hohe Statur von Shiva, allerdings befindet sie sich zur Zeit leider hinter einem Baugerüst. Ausgerechnet zu dieser Zeit muss die Statur restauriert werden, doch da kann man nichts ändern.  Wobei mich das Gerüst ein wenig in Staunen versetzt. Ob da jemand für Renovierungsarbeiten hinauf steigt? Dazu gehört  wirklich viel Vertrauen in den Schutz von Shiva . Heute sind die schräg aufeinander gebauten Stangen jedoch nur von Tauben besetzt, eine hat sich sogar im Ohr des mächtigen Gottes nieder gelassen. Den Kopf im Nacken blicken wir hinauf in das lächelnde Gesicht, als Prakash uns auf die Haare von Shiva aufmerksam macht. „Schau mal, dort ist ein nach oben gewandtes Gesicht auf dem Kopf von Lord Shiva. Könnt ihr das erkennen?“ Ja, richtig! Tatsächlich hat Shiva da jemand in seiner Frisur sitzen. „Das ist  die Flussgöttin Ganga“ erzählt uns Prakash.
Laut der hinduistischen Mythologie meditierte der halbgöttliche Weise Bhagiratha rund tausend Jahre lang, als die Erde noch trocken und unbewohnbar war. Als Lord Shiva dies sah, gewährte er dem Weisen einen Wunsch. Dieser bat darum, dass der himmlische Fluss Ganga auf die Erde fließt, damit der Boden fruchtbar und ertragreich werde. Doch die gewaltigen Wassermassen der Ganga drohten alles Leben hinfort zu spülen. Daher bändigte Shiva diese gewaltige Macht, indem er Ganga mit seinem Kopf auffing und so die Kraft des Wassers durch sein Haar abschwächte. Nun strömt der Ganges sanft hinab in die indische Ebene und schenkt den Menschen, Tieren und Pflanzen das lebenspendende Nass.
Seitdem steht die Flussgöttin Ganga, die auch als Mutter Ganga verehrt wird, für Gesundheit, Wohlstand und Überfluss. Ganga verheißt auch Hoffnung auf das nächste Leben und die Reinkarnation.
Unser nächster Weg führt uns durch das große Durchgangstor in den Innenhof und in den Tempel. Hier können wir uns in Ruhe umschauen, nur das Allerheiligste dürfen wir als Nicht-Hindus nicht besuchen. Prakash nutzt seine Anwesenheit an diesem heiligen Ort und macht ein Puja. Ein Puja ist eine Gottesverehrung, die in Tempeln, an Altären und im eigenen Heim abgehalten werden. Dabei werden den Göttern Opfergaben wie Süßigkeiten, Blumen oder Speisen als Zeichen der Verehrung gebracht. Hier, wie an vielen indischen Tempeln, werden dafür orangefarbene Blumen in kleinen Schalen verkauft.
Edith und ich schauen uns in dem Tempel um und werden als einzige „Westler“ mit freundlicher Neugierde betrachtet. Kurz darauf ist Prakash wieder an unserer Seite und wir schlendern langsam zurück zum Auto. Es geht inzwischen auf die Mittagszeit zu und wir haben das Gefühl die Temperatur steigt von Minute zu Minute.

Dwarka in der Mittagszeit

Als wir wieder in Dwarka sind gehen wir zuerst für eine kleine Pause ins Hotel Damji in unser Zimmer. „Ich mache keine Stadtbesichtigung“ entscheidet Edith. Sie ist seit zwei Tagen stark erkältet und leidet unter Halsschmerzen.„Am besten ich versuche ein paar Stunden zu schlafen, vielleicht bin ich dann morgen wieder fit. In den engen Gassen werde ich vermutlich eh nur von den vielen lauten Tuktuk´s angehupt.“

Prakash ist überrascht, als ich alleine aus dem Hotel komme. „Wo ist Edith?“ möchte er wissen. Er hat Verständnis für ihre Erkältung und das mit den Tuktuk´s lasse ich einfach mal weg. Langsam spazieren wir durch den um die Mittagszeit ruhigen Ort. Die meisten Geschäfte sind um diese Zeit geschlossen und es ist kein Vergleich zu dem nächtlichen Umtrieb, den wir gestern Abend erlebt haben. Unser Bummel endet am Strand mit Blick auf den Leuchtturm von Dwarka. Hier weht ein kleiner Wind vom Meer her und verschafft eine angenehme kühle Brise. Die Verkaufsstände sind leer und die Abdeckplanen aus Plastik rascheln im Wind. Ein paar Kühe kommen näher und schauen, wer hier die Mittagsruhe stört.

Nebeneingang des Dwarkadish Tempel

Wir schlendern weiter, die Gaths entlang und hier herrscht ein wenig mehr Leben. Einige Verkäufer von Schmuck, Blumen und Glücksbringern sitzen im Schatten und warten auf Kundschaft. Links biegt eine kleine Gasse zu dem Dwarkadish Tempel ab . „Lass uns da später hingehen“ schlägt Prakash vor. „Vielleicht geht es Edith bis dahin besser und sie kann mit.“  Gute Idee! Obwohl, wer weiß ob Edith da so großen Wert drauf legt. Ob ich ihm sagen soll, das Edith inzwischen der Meinung ist, alle Tempel sehen gleich aus und sind nicht unbedingt wert ihre Schuhe auszuziehen und sich die Füße schmutzig zu machen?

Altstadtgasse in Dwarka

Ein kleines Stück weiter den Gath entlang werde ich von zwei Frauen angesprochen. Es sind Inderinnen, gekleidet in Jeans und T-Shirt. „Hallo“ werde ich begrüßt „wo kommst du denn her?“ Wir wechseln einige Worte und die beiden erzählen sie seien aus Mumbai. „Hier, nimm ein Stück von meinem Mumbai-Brot“ bietet mir eine der beiden an. Sie kramt in der Hosentasche ihrer engen Jeans und zaubert ein in Plastik verpacktes Päckchen hervor. Darin befindet sich irgendwas schwarzes, klebriges. Sie teilt es in zwei Hälften, steckt eine davon in den Mund und kaut darauf herum. „Hier, nimm!“ werde ich nochmals aufgefordert. Aber so gerne ich auch Fremdes und Unbekanntes versuche, in dem Fall verzichte ich darauf.
Inzwischen ist die Sonne tiefer gesunken, die ersten Geschäfte öffnen und der Verkehr mit Tuktuks, Mopeds und Fahrrädern nimmt wieder zu. „Lass uns schauen wie es Edith geht“ ist Prakashs Vorschlag und wir machen uns auf den Rückweg zum Hotel.
Als ich in das Zimmer komme ist Edith zwar wach, liegt aber noch im Bett. „Möchtest du mit in den Dwarkadish Tempel?“ frage ich nach. „Muss ich da meine Schuhe ausziehen?“ kommt die Gegenfrage. Ja, das allerdings, aber es ist ein sehr berühmter Tempel und Lord Krishna geweiht. „Egal, deswegen möchte ich nicht meine Füße schmutzig machen. Ich bleibe im Bett!“

Dwarkadish Tempel, auch Jagat Mandir genannt

Also mache ich mich alleine mit Prakash auf den Weg um die Attraktion von Dwarka zu besichtigen. Der Dwarkadish Tempel ist auch unter den Namen Jagat Mandir oder Tempel der Welt bekannt. Gebaut wurde an diesem Tempel über 1.400 Jahre und das 5-geschossige, kunstvoll verzierte Gebäude wird von 60 Säulen getragen. Der Haupteingang stellt das Tor zum Himmel dar. Im August, zu Krishnas Geburtstag, kommen Pilger aus aller Welt in diesen Tempel.
Am Eingang herrscht großes Gedränge und dieser wird von der Polizei bewacht. Ich muss, wie an vielen heiligen Orten, meine Handtasche mit Fotoapparat abgeben. Dazu befindet sich links vom Eingang eine Art Garderobe, an denen auch viele indische Besucher  ihre Utensilien hinterlegen. Nun kann ich ungehindert die Kontrolle passieren und mich in der Reihe „Ladies“ anstellen. Die nächste Hürde ist ein kurzes Abtasten von einer Polizistin, ähnlich wie am Flughafen. „Wir haben in Indien leider immer wieder religiöse Attentate von Fanatikern“ versucht sie mir ihren Job zu erklären.
Im Inneren des Tempels treffe ich wieder auf Prakash der bei „Gents“ in der Schlange anstehen musste. Langsam bummeln wir durch die Anlage in der leise und angenehme Musik erklingt. Die Atmosphäre ist, wie eigentlich in allen Tempeln, freundlich, relaxt und entspannend.
Kurz vor dem Ausgang treffe ich auf zwei weitere Europäer. Wir fallen auf in der Menge und kommen natürlich ins Gespräch. Für das junge Paar ist es die erste Indienreise und wir tauschen einige Erfahrungen aus. „Ja“ meint der junge Schweizer „es ist schon schön hier. Aber kannst du uns vielleicht ein richtig gutes Restaurant empfehlen?“ Sicher, gestern hatten wir ein hervorragendes Linsencurry! „Ach nee“ erklärt er mit einem kleinen kräuseln der Nase. „Ich dachte eher an ein gutes Stück Fleisch oder so, eventuell mit einem Bier dazu.“ Oh weh! Das gibt es in Gujarat nicht. In diesem Bundesstaat ist das Essen vegetarisch und Alkohol verboten. Da muss er mit seinem Wunsch bis auf die Heimreise warten.
Am Ende des Besuches im Tempel hole ich meine Handtasche mit Kamera an der Garderobe ab und wir schlendern noch eine Weile durch die kleinen Gassen des Ortes.

Strandleben in Dwarka

Dwarka war einst eine gut geplante und organisierte Stadt. Sie war in sechs Sektoren aufgeteilt und verfügte über Wohn-und Gewerbegebiete, breite Straßen und Paläste. Eine Art Rathaus in Form einer Halle namens „Sudharma Sabha“ wurde für öffentliche Sitzungen gebaut. Dwarka war einer der verkehrsreichsten Häfen der damaligen Zeit. Lord Krishna lebte 36 Jahre in Dwarka und nach einer Legende verschwand die Stadt unmittelbar nach seinem Tod zum ersten Mal im Meer.
Tatsächlich fanden sich Spuren einer versunkenen Stadt vor der Küste und in den frühen achtziger Jahren wurden archäologische Untersuchungen durchgeführt.

Sonnenuntergang in Gujarath

Unser Weg führt uns nochmals bis zum Strand der nun im Abendlicht gut besucht ist.
Menschen drängen sich am Ufer, die Füße im Wasser und je nach Stärke des Wellengangs stehen sie in Hose oder Sari bis zu den Knien im Meer. Andere haben, wie wir auch, auf den großen Steinen am Ufer Platz genommen oder stehen oben an der Promenade, wo inzwischen auch die meisten Verkaufsstände geöffnet sind. Wir alle warten auf den Sonnenuntergang und kurz darauf ist es soweit. Als gelb-orange-roter Ball versinkt die Sonne am Horizont und spiegelt sich im Meer in den schönsten Farben. Da werden die Fotos schon Postkarten-Verdächtig. Allerdings nur ohne die Plastikflaschen, Becher und Tüten am Rand des Strandes und zwischen den Steinen.
Nachdem die Sonne hinter dem Meer verschwunden ist machen wir uns auf den Rückweg. Wie es wohl Edith geht? Es wird ihr doch hoffentlich inzwischen so weit besser gehen, so dass sie zum Essen mitkommen kann.
„Ja sicher!“ meint sie, als ich sie im Hotelzimmer frage. Doch so richtig gut geht es ihr nicht und auf einen Spaziergang, nur wegen Restaurant-Suche, hat sie verständlicher Weise keine Lust. Daher gehen wir in das Hotelrestaurant, dass sich direkt neben dem Eingang befindet. Hier beschließen wir den heutigen Tag und verabreden uns mit Prakash für unsere Abfahrt morgen früh. Da geht es weiter in den Nationalpark Sasan Gir, wo wir hoffentlich auf einer Safari die einzigen frei lebenden Löwen in Indien sehen zu können.
Doch nun hoffen wir, dass Edith heute Nacht den Rest ihrer Erkältung „aus-schläft“ und morgen wieder so fit wie immer ist.

Mein vorhergehender Bericht ist erschienen unter:https://www.reiseberichte-blog.com/indien-rundreise-in-gujarath-von-hodka-in-die-heilige-stadt-dwarka/

 

Indien Rundreise Mumbai und Gujarat

StepMap Indien Rundreise Mumbai und Gujarat
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Über den Autor

Elke Hoppe

Vor ca. 20 Jahren bin ich von Deutschland nach Spanien ausgewandert, um auf der Sonnenseite Europas leben zu können. Doch auch von hier aus habe ich das Bedürfnis mehr von der Welt kennen zu lernen. Da es mir zeitlich und beruflich möglich ist, mache ich seit 2005 einmal im Jahr eine „große Reise“. Begleitet werde ich dabei von Edith, meiner Mutter, die vor 18 Jahre ebenfalls aus dem deutschen Regen in die spanische Sonne geflüchtet ist. Bisher hat uns unsere Reiselust nach Asien, Kenia und Peru geführt. Für das Jahr 2009 hatten wir uns für Indien entschieden und dort neben Rajasthan inzwischen auch andere Regionen besucht. Auf den Rundreisen in Indien waren wir in Begleitung von unserem Fahrer Prakash Acharya. Er ist ein zuverlässiger und informativer Reisebegleiter, den ich sehr empfehlen kann. Prakash hat sich vor einigen Jahren selbständig gemacht und falls jemand mit ihm eine Rundreise machen möchte bin gerne bereit den Kontakt herzustellen.

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