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Die Ukraine, wie sie einst aussah

Vor einem Jahr habe ich die Entscheidung getroffen, die Ukraine zu besichtigen. Den Ausflug hat die Sprachschule Versus organisiert. Insgesamt haben sich 7 Leute für die Reise beworben, in den Räumen von Versus getroffen und den Ausflug geplant. Man hat festgestellt, dass alles zusammen nicht über 300 € kosten soll. Für diesen Preis, der wirklich niedrig ist, wenn man in Betracht zieht, dass der Ausflug eine Woche dauern sollte, haben wir 2 Hostels (in Lawow und in Kiew), Eisenbahntickets von Zagreb nach Lawow via Budapest und das Flugticket von Kiew bis Budapest gebucht. Am wichtigsten war der Transport und die Plätze, wo wir schlafen sollten, alles andere haben wir vor Ort während der Reise besprochen oder organisiert.

Maidan - Kiew

Maidan – Kiew

Es war später Sommer, Ende August, als die Reise nach Ost-Europa begann, eigentlich mein erstes Mal, dass ich so weit nach Osten ging, dass ich die Zeitzone wechseln musste. Wir alle haben uns am Hauptbahnhof in Zagreb getroffen, um den Zug nach Budapest zu erwischen. EInmal im Zug angekommen, gibt´s kein Raus mehr und zwar für die nächsten 7 verdammten Stunden. Gott sei Dank, war die Clique im Abteil super, sodass durch das Erzählen von Witzen und Geschichten und auch durch ein bisschen Schlaf die Zeit schneller verging. Kroatien haben wir ziemlich schnell verlassen und über der Drau nach Ungarn gekommen. Zuerst die Passkontrolle, keiner versteht die Beamten und die Polizisten, Gelächter über die witzigen ungarischen Wörter, wie z.B. rendörszeg. Dort hat nun das Lernen der ungarischen Sprache begonnen. Nach der Kontrolle, die lange 45 Minuten dauerte, ging es mit der Fahrt weiter nach Budapest. Leute sagen, wenn du mit dem Zug fährst, siehst du mehr als in irgendwelchem anderen Fahrzeug. Es kann ja sein, aber nicht, wenn du durch Ungarn fährst. Nur Felder, Sonnenblumen, Felder, Himmel, Sonnenblumen und, ja genau, Felder!!! Nix weiter!! Da hat nur eine Mütze Schlaf geholfen. Das einzig Interessante war, die kleinen Dörfer zu betrachten, mit ihren bunten Dächern und schneeweißen Fassaden. Diese Dörfer sind sehr nah am Balathon See, auch das „Ungarische Meer“ gennant. Dorthin gehen die Ungar, die nicht genug Geld haben, um an die Adria zu kommen. Ungarisch haben wir auch gelernt, indem wir uns die Namen der Dörfer merkten, das waren echte Zungenbrecher (Balathonszentgyörgy, Szekeszfehervar, Örtilosz, Gekenesz).

Am späten Nachmittag sind wir schließlich in die ungarische Hauptstadt gekommen. Das Problem war, dass wir auf dem falschen Bahnhof waren (Keleti Paliaudvar… Paliaudvar bedeutet Bahnhof und keleti ist etwas auf ungarisch). Doch der Zug nach Lawow ging vom Deli Paliaudvar, das am anderen Ende der Stadt liegt. Mit vollbepackten Reisetaschen gingen wir in die U-Bahn, um rechtzeitig zum richtigen Bahnhof zu kommen. Eine halbe Stunde vor der Abreise des Zugs nach Lawow sind wir zum Bahnhof gekommen. Dort waren echt viele Leute, sogar Roma, die Wechselstube spielten. Wir fanden unseren Zug und bekamen 2-Bett-Zimmer. Völlig erschöpft haben wir uns hingelegt, unsere Sandwiches gegessen und sich den leichten Schwingungen der rasenden Waggons übergeben. Wir müssten ein bisschen Schlaf ergreifen, denn mitten in der Nacht wartete eine Überraschung auf uns.

Um Mitternacht war es aus mit dem Schlafen. Wir kamen an die Grenze zwischen Ungarn und der Ukraine. Dort gaben wir unsere Pässe ab und mussten 4 lange Stunden warten. Hunderte Arbeiter haben die Waggons umkreist, um sie von den ungarischen Rädern und Schienen auf die ukrainische zu heben. Immer wieder hörte man Hämmern, Bohren, Gerede und Gelächter der Arbeiter. Gegen 4 Uhr morgens klopfte ein ukrainischer Polizist an die Abteiltür und gab uns unsere Pässe zurück. Ich fiel in einen tiefen Schlaf, während der Zug durch die kalte ukrainische Nacht raste.

Taras Schewchenko - Lawow

Taras Schewchenko – Lawow

Gegen zehn Uhr erreichten wir die Stadt Lawow, die größte Stadt im Westen der Ukraine. Wir wechselten unsere Euros in die ukrainische Währung, Grivnja. 10 Grivnja sind genau 1 Euro. Wir bestellten uns ein Taxi, das uns ins Stadtzentrum brachte. Dort fanden wir unsere Jugendherberge, die im sowjetischen Stil designed wurde, eigentlich ganz interessant. Im Zimmer waren wir mit 2 Türken, die nur geschlafen haben. Wir haben uns kurz entspannt und dann brachen wir auf, um das Zentrum zu besichtigen. Wir haben zahlreiche Statuen von Dichtern, die Oper, das Rathaus, einige Unis und den Hauptplatz gesehen. Gegessen haben wir im „Fetten Haus“, was eine Restaurantkette ist, die ukrainische Spezialitäten anbietet und zwar zum sehr guten Preis. Alles war sehr lecker. Wenn man über die Preise spricht, ist in der Ukraine, wegen des niedrigeren Lebensstandards, alles billiger als in Kroatien. Vom öffentlichen Verkehr bis zu den Lebensmitteln, alles ist billiger. Nur die Preise der bekannten Modebrands sind gleich. Nach dem Essen und der Besichtigung von Sehenswürdigkeiten machten wir eine Tour durch die Kneipen, um ukrainischen Schnapps (Horilka) und ukrainisches Bier zu probieren. Was mich sehr gefreut hat ist, dass die Ukraine zahlreiche Biersorten und sogar sehr leckeres Bier hat, insbesonders dunkles Bier, was mein Herz höher schlagen ließ. Wir besuchten auch eine Kneipe, die „Krivka“ heißt, oder übersetzt „Versteck“. Die Leute, die dort sitzen, hassen vor allem Russen. Und man muss vorsichtig sein; Falls man in dieser Kneippe russisch spricht, fliegt man automatisch raus und man bekommt böse Blicke zugeschickt. Um in diese Kneipe reinzukommen, muss man das Password sagen und es heißt „Slava Ukraini“. Mit uns war ein Freund, der Ukrainisch studiert und schon mal in dieser Kneipe war. Am späten Abend gingen wir ins Hostel, denn um 5 Uhr morgens ging unser Zug nach Kiew.

Kurz vor 4 Uhr warteten wir in der Kälte, noch halbschlafend, aufs Taxi. Wir saßen im Taxi zusammengedrückt wie die Sardinen im Öl. Niemand war auf den Straßen Lawows außer einem Polizisten, dem der Fahrer etwas auf Ukrainisch gesagt hat und ihn fast überfuhr. Rechzeitig waren wir im Zug nach Kiew, wo uns gesagt wurde, dass wir bei einer Geschwindigkeit von 180 km/h in knapp 4 Stunden in der Hauptstadt sein würden. Die Fahrt mit einem normalen Zug würde ungefähr 9 Stunden dauern. Wir sparten deutlich an der Zeit.

Ich habe wieder geschlafen, bevor ich vor den Toren Kiews aufwachte. Wir befanden uns am Hauptbahnhof, einem sehr großen und monumentalen Gebäude mit Tausenden Menschen. Um ins Herz der Stadt, die am Fluß Dnjipro liegt, zu kommen, benutzten wir die U-Bahn. Die Züge dort unten stammen noch aus der Zeit der Sowjetunion und sind lauter als Düsenflieger, Sprechen kommt dabei nicht in Frage. Im Stadtzenrum angekommen fanden wir schnell unser neues Hostel, wir bekamen unser Zimmer und ruhten uns aus. Der Tag war eigentlich super, ideal zum Sammeln von ersten Eindrücken. Unser Hostel war nur 10 Minuten zu Fuß vom Hauptplatz Maidan entfernt. Dort verbrachten wir den Rest des Nachmittags, bevor wir am Abend wieder in einer Kneippe landeten.

Am Zweiten Tag des Aufenthalts in der Hauptstadt begannen wir, Kiew gründlicher zu erkundigen. Alles, was wir gesehen haben, erkundigten wir zu Fuß. Wir haben die 3 Kirchen besichtigt: St. Wladimir (nicht Klitschko), St. Sophie und St. Michael. Die Ukrainer sind orthodox, ihre Kirchen sind sehr groß und sehr imposant. Nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Kirchen sind viele Vergoldungen zu finden. Um die Kirchen herum befinden sich auch gepflegte Parks, wo die Einwohner Kiews ihre Ruhe finden. Wir sahen auch das Außenministerium und Andriski Uzviz, die wohl bekannteste Straße, wo man Souveniere oder Antikvitäten kaufen kann. Diese Besichtigung dauerte fast den ganzen Tag, sodass am Abend nur Zeit blieb, um in eine Kneipe zu gehen und ein kaltes dunkles Bier zu trinken. Unsere Reiseleiterin Katica hat eine Freundin und einen Freund eingeladen, die beide in Kiew wohnen. Sie beide haben Kroatisch studiert und sprechen es fließend. Mit ihnen sprachen wir sehr viel über zahlreiche Themen.

Babushka - Kiew

Babushka – Kiew

Wir schliefen am unseren 3. Tag in Kiew ein bisschen länger, denn wir waren müde vom vielen Biertrinken in der Nacht. Um Energie zu erneuern, gingen wir in ein Restaurant, das „Katjuša“ heißt, wo wir Wareniki gegessen haben. Wareniki sind ziemlich gleich wie Tortellini, nur ist der Teig etwas anders. Gefüllt können sie mit eigentlich Allem sein: Egal ob Speck, Kartoffeln, Spinat, Käse, Kirschen… sie sind wirklich sehr lecker. Im Allgemeinen ist die ukrainische Küche ein echter Gaumenfick. Nachdem wir Energie aufgeladen hatten, ging es mit der U-Bahn ans andere Ende der Stadt. Dort befindet sich die „Lavra“, ein sehr großes Kirchenkomplex. Wie bei jeder Kirche gibt es dort auch einen gepflegten Park mit zahlreichen Leuten, die vor dem Stress der Milionenmetropole flüchten, um einen freien Kopf zu kriegen und zu entspannen. Dort haben wir auch einige Katakomben besichtigt, eigentlich nur wir Jungs, denn die Mädchen waren nicht passend gekleidet. Nach der Lavra führte uns der Weg ins nahegelegene Museum des 2. Weltkriegs. Auf dem Weg zum Musem stehen verschiedene Panzer und Fahrzeuge, die im Krieg benutzt wurden, sogar Flugzeuge und Hubschrauber. Im Hindergrund hört man, dank der zahlreichen Lautsprecher ukrainische und russische Kriegslieder. Oberhalb des Museums steht eine große Statue, eine Frau mit Schwert und Schild, auf dem das Wappen der Ukraine zu sehen ist. Dies ist die „Mutter der Ukraine“. Im Museum angekommen bezahlte ich wahrscheinlich die billigste Eintritskarte aller Zeiten. Sie kostete mich 1 Grivnja, oder besser gesagt 10 Cent. Für so wenig bekommt man in diesem Museum so viel zu sehen! Alles, was sich im Museum befindet, ist autentisch und originell. Man bekommt Gänsehaut, wenn man neben den Sachen steht, die so ein wichtiger Teil der menschlichen Geschichte geworden sind. Für die Besichtigung des Museums brauchten wir ungefähr 2 Stunden und es hat sich wirklich gelohnt. Danach haben wir entschieden, zu Fuß ins Zentrum zurückzukehren. Wir marschierten etwa 7 Kilometer und dabei sahen wir das Parlament (wo sich die Abgeordneten regelmäßig schlagen), den Präsidentenpalast (der leider renoviert wird), die Regierung und das Stadion von Dynamo Kiew, das den Namen Lobanowsky trägt (Dynamo spielt aber im Olympiastadion, weil Lobanowsky zu klein ist). Am Ende des Tages gingen wir wieder zum Hauptplatz, wo ein großes Konzert statfand. Etwa 30 000 Menschen kamen zum Konzert und der Grund dafür war der Geburtstag der Ukraine. Der Staat wurde 22 Jahre alt (Anfangs der 90er trennte sich die Ukraine von der Sowjetischen Union). Es war eine große Feier mit vielen Darstellern und Performern, sowie mit einem großen Feuerwerk. Unsere Gruppe kaufte sich Bier und genoß die gute Stimmung, als ob wir Ukrainer wären.

Am letzten Tag wollten wir noch unbedingt das Museum von Tschernobil und das Olympiastadion besichtigen. Das Tschernobil-Museum ist ein Platz, der traurige Erinnerungen festhält. Man sieht einfach, was die Radiation bei den Menschen und der Natur in diesem Teil der Ukraine, aber auch Europa verursacht hat. Es ist eine traurige Geschichte, die mich und auch die ganze Gruppe zu verschiedenen Gedanken geführt hat. Um auf bessere Gedanken zu kommen, gingen wir zum nahgelegten Andriski Uzviz, um Souvenirs und Geschenke einzukaufen. Dort versuchten wir auch, ein wenig Ukrainisch und Russisch zu sprechen, was einigen von uns auch gelungen ist. Mit vollen Tüten und einem Lächeln im Gesicht verließen wir Andriski Uzviz und gingen in Richtung Stadion. Vorher aber nahmen wir im Hostel unsere Rucksäcke, denn wir wollten schließlich noch im Supermarkt Bier, Schnaps und leckere ukrainische Bonbons kaufen. Erst nach dem Einkauf, mit vollbepackten Rucksäcken, gingen wir zum Stadion. Auf dem Olympiastadion in Kiew war das Finale der Europameisterschaft 2012 ausgetragen und wie schon gesagt, dort spielt Dynamo Kiew. Wir bekamen alles ausführlich gesagt und erklärt, wir sahen die Umkleidekabienen (machten Fotos mit dem Trikots von Kranjčar, Vukojević und Vida) und durften sogar in den Sesseln von den Trainern sitzen. Vor dem Stadion haben mien Freund und ich noch ein Foto mit 2 ukrainischen Mädchen geschossen, was der Höhepunkt war, der die tolle Reise noch schöner gemacht hat. Wieder im Hostel packten wir unsere 7 Sachen zusammen und bereiteten uns auf die morgige Reise vor.

St. Michael - Kiew

St. Michael – Kiew

Der Tag ist gekommen, als wir Kiew und der Ukraine Tschüss sagen mussten. Schweren Herzens trugen wir unsere Koffer und Taschen durch die Straßen und die U-Bahn, während wir eine Perepichka (Wurst im Teig) aßen. Nach der U-Bahn fuhren wir mit einer Marshutka bis zum Flughafen. Das ist ein gelber Kombi, in dem maximal 15 Leute ihren Platz finden können, aber meistens fahren dort etwa 20 Leute mit. Doch es gibt keine Nervosität, die Leute sind erstaunlich gut drauf und hilfsbereit. Als wir mit unseren schweren Koffern den Kombi verlassen wollten, haben uns die Leute geholfen, alles rauszutragen und sind dann wieder ohne Panik zu ihren Plätzen zurückgekehrt. Das hat mich besonders gewundert, wie diese Menschen einem helfen wollen, obwohl sie selbst in einer wirklich schweren Situation leben und in finanzieller Not sind.

Am Flughafen Zhuljani gingen wir noch einmal die Ereignisse der letzten Tage durch, was wir alles gesehen und erlebt haben und was für eine tolle Zeit wir hatten. Bei der Kontrolle wurde mein Freund aufgehalten, weil er Bomben bei sich hatte, nicht echte, sondern Feuerzeug in Form einer Granate, also musste er das wegpacken. Der Flug war angenehm, aber der Blick auf die ungarische Landschaft nicht. Auch von der Luft aus: Felder, Sonnenblumen, Felder und noch mehr Sonnenblumen. Habe ich schon Felder gesagt?? Nach dem Flug mussten wir schnellstens ein Taxi besorgen, das uns in weniger als einer halben Stunde zum gut bekannten Deli Paliaudvar bringt, denn der Zug ging in 45 Minuten und der nächste erst am späten Morgen. Wir haben wahrscheinlich den einzigen Taxifahrer in Budapest gefunden, der ein bisschen englisch konnte und der uns zum Bahnhof fuhr. Am Bahnhof angekommen aßen ein Freund und ich den wohl schrecklichsten Hamburger, der je gemacht wurde, aber na ja, etwas mussten wir zu sich nehmen. Die anderen blieben hungrig, weil sie die Plätze im Zug behalten wollten. Nach so einem anstrengenden Tag wollte ich im Zug nur schlafen, aber das ging leider nicht. Hinter mir waren einige laute Männer aus der Slowakei, die einen jungen Mann aus England betrunken machen wollten und neben mir war ein besorgtes lesbisches Paar, das keine Rückfahrkarte gebucht hat (dabei fuhren sie nach Split, leider Pech gehabt). Die Reise mit dem Zug dauerte wieder lange, alles von Kopf bis Fuß tat mir weh und die lauten betrunkenen Männer waren noch lauter und betrunkener.

Gegen 2 Uhr in der Nacht kamen wir endlich nach Zagreb. Völlig erschöpft und müde von der Reise legte ich mich ins Bett…

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Über den Autor

Eine Reaktion bis “ Die Ukraine, wie sie einst aussah ”

  1. Lawow ist schalsch Lviv. Oder?
    https://en.wikipedia.org/wiki/Lviv

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