Reiseberatung für individuelle Reisen

Frühling an der Donau, 2.Teil

Stift Göttweig

Stift Göttweig

Eine Radtour um den Göttweiger Berg: von Paudorf hinauf zum Stift und zurück nach Krems

Mehr als zweihundert Meter höher als die Bewohner der umliegenden Dörfer leben die Benediktiner oben auf dem  Berg. Vor mehr als neunhundert Jahren, die Gründungsurkunde stammt aus dem Jahr  1083, gründete Bischof Altmann von Passau das Kloster, und 1094 übergab es Bischof Ulrich I. von Passau dem Benediktiner-Orden. Besiedelt war der Berg aber schon viel früher, die Wissenschaftler  fanden Spuren, die bis ins Jahr 2000 v.Chr. zurückreichen.  Das imposante Kloster auf der weithin sichtbaren Bergkuppe wird auch oft das österreichische Montecassino genannt – das  Stift Göttweig.

 

Stift Göttweig

Stift Göttweig, Westflügel

Zur Gottheit auf dem Berg

Gäbe es einen Wettbewerb, welches die am großartigsten Platz gelegene Abtei sei – das Stift Göttweig würde ganz weit vorne sein, wenn nicht den Spitzenplatz einnehmen.

Schon die steile Auffahrt ist imponierend. Für den Radfahrer ist der Anstieg von Paudorf auf den Göttweiger Berg allerdings etwas mühsam, an die 3 Kilometer und etwa 200 Höhenmeter gilt es zu bewältigen, je nach Kondition ergibt das eine Fahrzeit von 20 Minuten bis zu 1 Stunde. Der Gang auf den „heiligen“ Berg sollte schon etwas Mühe bereiten, denn schließlich muss einem die Nähe zum Himmel auch etwas wert sein. Schon die Griechen bauten ihre Tempel vor über 2 500 Jahren so, dass die oberste Basisfläche, auf der die Säulen standen, nur über 3 hohe Stufen erreichbar war, jede einen halben Meter hoch. Nur die Götter sollten über diese hohen Stufen eintreten, für die Menschen gab es an der Ostseite des Tempels eine Rampe, über die sie in das Innere des Tempels gelangen konnten; die Hauptachse des rechteckigen Tempelgrundrisses verlief in Längsrichtung des Rechtecks und war immer von West nach Ost ausgerichtet. Der Grundriss des Klosters auf dem Göttweiger Berg ist dem des Schlosses Sankt Laurentius von El Escorial in der Nähe Madrids nachempfunden, und die Hauptachse verläuft wie bei den griechischen Tempeln in West-Ostrichtung. Der Grund ist: Die Sonne hatte bei vielen Völkern eine überragende mystische Bedeutung, und so richteten sie ihre heiligen Stätten nach Osten aus – der aufgehenden Sonne entgegen. Für die christlichen Religionen ist die aufgehende Sonne ein Symbol für Christus, dem Überwinder der Finsternis und des Todes.

Stift Göttweig

Stift Göttweig, Südtrakt

Es ist aber anstrengender die Kirche oben auf dem Berg zu erreichen, als die  3 Stufen eines griechischen Tempels zu überwinden – aber dafür erwartet den Gast ein einmaliger Rundblick : im Norden die Donau mit der Doppelstadt Krems-Stein und dahinter die Hügel des Waldviertels; im Westen der Dunkelsteiner Wald; und im Osten kann das Auge weit stromabwärts den Lauf der Donau verfolgen.

Der Göttweiger Berg – ein großes Archiv der Geschichte

Doch der Berg mit dem Stift fordert vom Besucher etwas mehr als nur die Aussicht genießen. Dieser Platz begehrt ein Sicheinfühlen in den Mythos seiner fast tausendjährigen Geschichte.

Der Berg ist schon seit  2000 v.Chr. besiedelt. Die Gründungsurkunde für die Abtei datiert allerdings  mehr als 3.000  Jahre später. Und seither sind die Göttweiger Mönche auf „ihrem“ Berg zu Hause.  Der Berg und das Land mit seinen Menschen hat auf die Mönche eingewirkt, und sie haben das Bild der Landschaft gestaltet: Wer  von Osten kommend die Wachau besucht, den nimmt der Blick auf das Benediktinerkloster oben auf der Höhe auf Anhieb gefangen.

Während eines Unwetters im Jahre 1718 entfachte ein Blitzschlag einen Brand, der fast die gesamte Klosteranlage einäscherte. Einer der bekanntesten Baumeister seiner Epoche, Johann Lucas von Hildebrandt, entwarf für den Wiedraufbau einen der imposantesten Barockbauten der damaligen Zeit. Die Benediktiner setzten aus Geldmangel nur zwei Drittel seines Plans um – aus heutiger Sicht ist das sogar ein Glücksfall gewesen. Bei vollständiger Realisierung wäre die lockere Weite der bestehenden Anlage verloren gegangen, und der Charakter des Barocks, als die Kunstform des Absolutismus und der Gegenreformationm mit seiner üppigen Prachtentfaltung, hätte zu sehr dominiert.

Stift Göttweig, Stiftskirche

Stift Göttweig, Stiftskirche

Der Gast erlebt heute Göttweig weitgehend so, wie es der geniale Baumeister im 18. Jahrhundert geschaffen hat, und nach der aufwendigen Restaurierung nach dem zweiten Weltkrieg, so als wäre es erst vor kurzem gebaut worden – als eine harmonische Einheit von Kunst und Natur.

Der vielleicht schönste Platz im Kloster ist der weite Stiftshof. Von der obersten Stufe zum Eingang in die Stiftskirche hat man den umfassendsten Rundblick: im Süden das große schmiedeiserene Eingangstor mit der Burg, deren Baukern aus dem 12. Jahrhundert stammt;  dann im Südwesten der älteste Teil von Göttweig, fast tausend Jahre sind die Grundmauern der Erentrudiskapelle alt;  etwas abgesenkt im Westen des Stifthofs das Exerzitienhaus St. Altmann; und im Norden das Museum im  Kaisertrakt .

An schönen Tagen verbringt der Radfahrer noch eine Weile auf der Terasse der Stiftgaststätte, trinkt seinen Kaffee, und dabei sollte er auch versuchen, möglichst viel vom Zauber der viele tausend Jahre zurückreichenden Geschichte mitzunehmen. Leicht ist es heute nicht, den verwöhnten Besuchern Begeisterung zu entlocken. Aber hier heroben gelingt das mühelos, denn es bietet sich ein Bild, wie man es nicht alle Tage sieht. Und aus dieser Stimmung heraus magst du für einen Augenblick sogar meinen, dass dich inmitten  dieser ästhetischen, Jahrhunderte alten, Bauwerke ein Hauch von Ewigkeit  streift.

 

Stift Göttweig, Stiftshof

Stift Göttweig, Stiftshof

 

Das Weinbaugebiet Kremstal

Die Plage beim Herauffahren kehrt sich nun beim Hinunterfahren in Vergnügen um. Wir fahren auf derselben Straße zurück bis zur LH100, überqueren diese und radeln nun wieder bergauf nach Eggendorf. Wer einen besonderen Heurigen kennelernen möchte, für den lohnt sich ein Abstecher nach Höbenbach. In der Ortsstraße 30 schenkt der Obmann der Winzervereinigung „Vinum Circa Montem“ Josef Dockner seine vielfach prämierten Weine aus. Dazu gibt es eine bodenständige warme Küche, denn die Dockners betreiben schon fast ein richtiges Restaurant mit allem Drum und Dran. An milden Abenden kann man in dem großen Hof beim guten Essen und dem Dockner’schen Riesling die Zeit vergessen.

Wir fahren aber von Eggendorf weiter nach Krustetten und erreichen hier den höchsten Punkt der Hügelkette, die sich zwischen dem Fladnitzbach und der Traisen von der Donau bis fast nach St.Pölten hinzieht.

Die Weinrieden auf diesem Höhenzug gehören zum Weinbaugebiet Kremstal, so deklarieren das die Winzer auf den Etiketten ihrer Weinflaschen. Der Radfahrer kann mangels genügender Transportkapazität keine Bouteillen mitnehmen, doch verkosten kann er den Riesling, den Weissen Burgunder, den Grünen Veltliner oder all die anderen köstlichen Weine bei den „Heurigen“, wie die Buschenschenken bei uns immer noch genannt werden. Die Krustettner werben auf ihrer Homepage damit, dass an 360 Tagen im Jahr mindestens ein Heuriger geöffnet hat, sodass kein Radfahrer umsonst auf die Anhöhe hinauftritt. Bei Müllers in der Hollenburgerstraße 12 gibts eine besondere Attraktion: Sie haben ihre Weinerzeugung, drei Stockwerke hoch, in den Berg hineingebaut, und ganz oben in einem großen Verkostungsraum steht ein riesiger Tisch, gezimmert aus schweren Druckbäumen alter Weinpressen. An der Nordseite des Zimmers geben die großflächigen Fenster den Blick über die Weingärten bis hin zur Donau frei. Doch nicht nicht nur die Weinerzeugung ist bemerkenswert, viel aufregender sind Erzeugnisse, vor allem der Weisse Burgunder.

Nach einer kleinen Weinverkostung gehts wieder bergab ins Traisental. In Hollenburg erreichen wir die LH114, die von Traismauer nach Mautern führt. Wir fahren ein Stück Richtung Traismauer, nehmen den Fahrweg, der uns unter der Autobahn S33 hindurch bis zum Donau-Radwanderweg leitet. Und dieser bekannteste Radweg Österreichs bringt uns wieder zurück nach Krems.

Stift Göttweig, Erentrudiskapelle

Stift Göttweig, Erentrudiskapelle

Die Altstadt von Krems

Wir sind jetzt im östlichen Teil der Stadt angelangt und nutzen die Gelegenheit zu einer kleinen Stadtbesichtigung. Gleich zu Beginn fällt der Blick auf den Pulverturm, errichtet im 15. Jahrhundert, er steht auf der nordöstlichen Ecke der alten Stadtmauer.  Die Untere und anschließend die Obere Landstraße durchqueren die Altstadt von Osten nach Westen und sind der kürzeste Weg zum Steiner Tor am Südtiroler Platz, unserem Ausgangspunkt. Die beiden Landstraßen sind allerdings Fußgängerzone, und man muss das Rad schieben. Dabei hat man dann genau die richtige Geschwindigkeit, um all die liebevoll restaurierten Häuser auch anschauen zu können. Irgendwo habe ich einmal gelesen: „Gehen ist die Art des Reisens, bei der man der Landschaft auf Augenhöhe begegnet“,  –  und das sollte man in dieser Stadt, wo an jeder Ecke Überraschungen warten, wirklich tun. In der warmen Jahreszeit laden die „Schanigärten“ zum Sitzen ein, und wer noch nicht zu müde ist, macht noch einen kleinen Umweg zu ein paar Kostbarkeiten. Im nördlichen Teil  der Altstadt, nicht weit von der Landstraße entfernt, findet der interessierte Gast zwei spätgotische Bauten: die Bürgerspitalkirche, im Türsturz des Portals steht die Jahreszahl 1470 und der Wahlspruch der Habsburger „A.E.I.O.U.“ und die  Piaristenkirche aus 1457, die älteste Kirche von Krems.

Es ist müßig all die Glanzstücke der Baukunst aus der Vergangenheit hier aufzuzählen, darüber gibt es unzählige Beschreibungen. Nicht beschrieben wird jedoch fast immer der einmalige Anblick des Gesamtbildes: Da steht nirgendwo ein Gebäude, welches das Stilgefühl des Betrachters verletzt – ein Jahrhundertwerk derjenigen, die hier restauriert haben, der Lohn ist die Aufnahme der Kremser Altstadt in die Liste der UNESCO als Weltkulturerbe gewesen.

steinertor in krems

steinertor in krems

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Franz Haslinger, im Mai 2010

copyright©franz.haslinger@gmx.net

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Über den Autor

Franz Haslinger

Fotografieren heißt: Das Einzigartige eines Augenblicks im Bild festhalten, so dass dieser Moment das Allgemeingültige einschließt; dazu muss der Fotograf weniger das was er sieht fotografieren, sondern das, was er fühlt, und dazu muss er mehr ein Poet als ein Grafiker sein.

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